Dieses Werk ist eine Übersetzung aus dem Englischen.

[ehemals] Boykottiert Amazon!

von Richard Stallman | Erstveröffentlichumg: 22. Dezember 1999

Die FSF beschloss den Boykott von Amazon im September 2002 zu beenden (wir vergaßen diese Seite zu überarbeiten). Wir wissen nicht, wie der Prozess gegen Barnes & Noble ausging ‑ schien aber nicht sehr schädlich für den Angeklagten zu sein. Und Amazon hatte niemand anderen angegriffen.

Amazon verfügt seitdem über eine Reihe weiterer bedrohlicher Patente, hat sie aber bisher nicht für Aggressionen eingesetzt. Vielleicht nie. Wenn doch, werden wir einen Blick darauf werfen, wie man es anprangern kann.

Der nachfolgende Text dieser Seite ist unverändert aus dem Jahr 2001, als wir aktiv zum Boykott aufgerufen haben.


Wenn Sie den Boykott unterstützen möchten,
verweisen Sie bitte auf diese Seite:
http://www.gnu.org/philosophy/amazon.html!


Warum wir Amazon boykottieren

Amazon hat ein US-Patent #5.960.411 auf eine wichtige und naheliegende Idee für den elektronischen Handel: Eine Idee, die als sogenannte 1-Click®-Technologie bekannt ist. Die Idee ist, mit Ihrer Anweisung an den Internetbrowser, einen bestimmten Artikel kaufen zu wollen, ebenso Informationen über Ihre Identität zu übertragen (mittels Cookie, einer Art ID-Kennung, welche Ihr Internetbrowser zuvor vom gleichen Server empfangen hat).

Amazon hat Klage erhoben, um die Verwendung dieser einfachen Idee zu blockieren, was zeigt, dass sie wirklich beabsichtigen, es zu monopolisieren. Dies ist ein Angriff auf das Internet und gegen den elektronischen Handel im Allgemeinen.

Die hier patentierte Idee ist lediglich, dass ein Unternehmen Ihnen etwas geben kann, um sich anschließend damit wieder identifizieren zu können. Dies ist nichts Neues: Eine physische Kreditkarte erledigt das auch. Doch das US-Patentamt erteilt jeden Tag Patente auf naheliegende und bekannte Ideen. Manchmal ist das Resultat eine Katastrophe.

Heute hat Amazon ein großes Unternehmen verklagt. Wenn dies nur ein Streit zwischen beiden Unternehmen wäre, wäre es kein wichtiges öffentliches Thema. Aber dieses Patent gibt Amazon die Macht über jeden, die eine Internetpräsenz in den USA betreiben (und anderen Ländern, die ähnliche Patente ausstellen) – Macht, jegliche Verwendung dieser Technik zu kontrollieren. Obwohl heute nur ein einzelnes Unternehmen verklagt wird, beeinflusst diese Angelegenheit das gesamte Internet.

Amazon ist nicht allein schuld an dem was passiert. Das US-Patentamt ist daran schuld, sehr niedrige Standards zu haben, und US-Gerichte, die das befürworten. Auch das US-Patentrecht ist daran Schuld, Patente auf informantionsmanipulierenden Techniken und Kommunikationsmuster zuzulassen – eine Politik, die im Allgemeinen schädlich ist.

Törichte Regierungspolitiken gaben Amazon die Möglichkeit – aber eine Möglichkeit ist keine Entschuldigung. Amazon traf die Entscheidung, dieses Patent zu erwerben und gerichtlich aggressiv zu verwenden. Die endgültige moralische Verantwortung für Amazons Taten liegen bei Amazons Führungskräften.

Wir können hoffen, dass das Gericht dieses Patent als rechtlich ungültig feststellt. Ob es dem folgt, wird von den detaillierten Fakten und obskuren Formalitäten abhängen. Das Patent nutzt Berge von ausgetüftelten Details, um diese „Erfindung“ etwas subtiler aussehen zu lassen.

Aber wir müssen nicht passiv darauf warten, bis das Gericht über die Freiheit des elektronischen Handel entscheidet. Es gibt etwas, was wir in diesem Augenblick tun können: Wir können uns weigern, mit Amazon Geschäfte zu machen. Bitte kaufen Sie nichts von Amazon, bis sie versprechen, dieses Patent nicht mehr zur Bedrohung und Beschränkung anderer Internetpräsenzen zu verwenden.

Wenn Sie der Autor eines über Amazon verkauften Buches sind, können Sie diese Kampagne in hohem Maße unterstützen, indem Sie auf diesen Text im Kommentar des Autors über ihr Buch auf Amazons Internetseite verweisen (allerdings scheint sich Amazon zu weigern, diesen zu veröffentlichen).

Haben Sie Vorschläge oder möchten den Boykott einfach nur unterstützen, senden Sie bitte eine E-Mail an <amazon@gnu.org>, um es uns wissen zu lassen.

Amazons Antwort auf Menschen, die wegen des Patents anfragen, enthält eine subtile Irreführung, die der Analyse wert ist:

Das Patentsystem wurde entwickelt, um Innovationen zu fördern, und Amazon hat tausende von Stunden in das 1-Click®-Verfahren investiert.

Wenn sie tausende von Stunden damit verbrachten darüber nachzudenken, dann sicherlich nicht über die allgemeine Technik, die vom Patent abgedeckt wird. Wenn sie also die Wahrheit sagen, womit haben sie diese Zeit verbracht?

Vielleicht verbrachten sie einen Teil der Zeit mit dem Schreiben der Patentanmeldung. Diese Aufgabe war sicherlich schwieriger als über die Technik nachzudenken. Oder vielleicht meinten sie die Zeit, um Skripte und Internetseiten zu entwerfen, zu schreiben, zu testen und zu perfektionieren, um das 1-Click®-System in den Griff zu bekommen. Dies war sicherlich eine wesentliche Aufgabe. Ein genauer Blick auf ihre Worte tausende von Stunden in das 1-Click®-Verfahren scheint beide Aufgaben zu umfassen.

Aber hier geht es nicht um die Details ihrer jeweiligen Skripte (die sie nicht zur Verfügung stellen) und Webseiten (die ohnehin urheberrechtlich geschützt sind). Die Frage ist hier die allgemeine Idee und ob Amazon ein Monopol auf diese Idee haben sollte.

Sind Sie, oder ich, bereit, um die notwendigen Stunden damit zu verbringen, unsere eigenen Skripte & Internetseiten zu schreiben, um 1-Click®-Verfahren zu ermöglichen? Auch wenn wir etwas anderes als Bücher verkaufen, können wir das nicht frei entscheiden? Das ist die Frage. Amazon versucht diese Freiheit mit der eifrigen Hilfe einer fehlgeleiteten US-Regierung zu vorzuenthalten.

Wenn Amazon geschickt irreführende Erklärungen abgibt, wie die zitierte, zeigt dies etwas Wichtiges: Sie interessieren sich dafür, was die Öffentlichkeit von ihren Aktionen denkt. Sie müssen darauf achten – sie sind Einzelhändler. Öffentliche Empörung kann ihre Gewinne beeinflussen.

Wir wurden darauf hingewiesen, dass das Problem der Softwarepatente viel größer als Amazon ist, dass andere Unternehmen genauso gehandelt haben könnten, und dass der direkte Boykott Amazons nicht das Patentrecht direkt ändern wird. Natürlich ist dies alles wahr. Aber das ist kein Argument gegen diesen Boykott!

Wenn wir den Boykott nachdrücklich und nachhaltig betreiben, könnte Amazon schließlich ein Zugeständnis machen, um ihn zu beenden. Und selbst wenn nicht, wird das nächste Unternehmen, das ein unverschämtes Softwarepatent einklagt, erkennen, dafür einen Preis zu zahlen. Sie könnten möglicherweise Bedenken haben.

Der Boykott kann auch indirekt helfen, das Patentrecht zu ändern – indem die Aufmerksamkeit auf das Problem gelenkt und sich die Forderung nach einer Änderung verbreitet. Und es ist so einfach mitzumachen, dass es keinen Grund gibt, es nicht zu tun. Wenn Sie der Frage zustimmen, warum dann Amazon nicht boykottieren?

Um diese Aktion bekannter zu machen, weisen Sie bitte, sofern möglich, auf diesen Boykott auf ihrer eigenen persönlichen sowie auch auf institutionellen Internetseiten hin. Referenzieren Sie einen Verweis auf diese Seite; aktualisierte Informationen werden hier hinzugefügt.

Warum der Boykott weiter geht, obwohl das Verfahren eingestellt wurde

Im März 2002 gab Amazon.com bekannt, dass man sich betreffend der lange währenden Patentverletzungsklage um das 1-Click®-System mit Barnes & Noble geeinigt hätte. Die Einzelheiten des Vergleichs wurden nicht bekanntgegeben.

Da die Einzelheiten nicht bekannt gegeben wurden, haben wir keine Möglichkeit zu erfahren, ob dies eine Niederlage für Amazon darstellt, die die Beendigung des Boykotts rechtfertigen würde. Daher ermutigen wir jeden, den Boykott fortzusetzen.

Aktualisierungen und Verweise

In diesem Abschnitt sind Aktualisierungen und Verweise rund um Fragen zu Amazon.com, der Geschäftspraktiken und mit dem Boykott in Zusammenhang stehendes aufgeführt.

[2000-01-05:] Tim O'Reilly sendet Amazon einen offenen Brief, in welchem er die Nutzung dieses Patents mit dem so eindringlich wie möglichen Standpunkt missbilligt, seine Geschäftsbeziehungen zu beenden.

[2000-03-11:] Richard M. Stallman verfasst bezogen auf die Erklärung von Jeff Bezos, Vorstandsvorsitzender von Amazon, einen Brief an Tim O’Reilly mit dem Aufruf, dass Softwarepatente nur 3 bis 5 Jahre gelten sollten: https://www.gnu.org/philosophy/amazon-rms-tim. (abgerufen 2015-08-21)

[ :] Paul Barton-Davis <pbd@op.net>, einer der Gründungsprogrammierer von Amazon, äußert sich über den Amazon-Boykott: http://www.equalarea.com/paul/amazon-1click.html). (abgerufen 2015-08-21)

[1999-12-23:] Nat Friedman schreibt sich [mit einer E-Mail an Richard Stallman, A. d. Ü] in die Amazon-Boykott-Erfolgsgeschichte ein: https://www.gnu.org/philosophy/amazon-nat. (abgerufen 2015-08-21)

[1999-06-21:] Amazon macht auch in einem anderen Gerichtssaal andere anstößige Dinge.

Weitere Informationen zum Thema Software-Patente unter endsoftpatents.org/ sowie https://web.archive.org/web/20150329143651/http://progfree.org/Patents/patents.html. (abgerufen 2015-08-21)

[2000-09:] CPSR beendet Geschäftsbeziehung mit Amazon.com, unter: http://web.archive.org/web/20010430183216/http://www.cpsr.org/links/bookstore/. (abgerufen 2015-08-21)

Anmerkungen des Übersetzungsteams:

  1. Weiterführende Referenzen:

    1. Siehe auch:

    2. Brad Tuttle, Boycotting Amazon: A Brief History Time 2015. (abgerufen 2015-08-21)
    3. Richard Stallman, Boycott Amazon! Linux Today 1999. (abgerufen 2015-12-20)