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SCO: Vorladung der FSF

Dienstag, 18. Mai 2004

Ende letztes Jahres wurden wir im Rahmen des laufenden Rechtsstreits zwischen SCO und IBM von SCO vorgeladen. Heute machten wir diese Vorladung über unseren Webauftritt verfügbar. Dies ist eine breitgefächerte Vorladung, die wirksam jedes einzelne Dokument über die GPL und jede Durchsetzung der GPL seit 1999 anfordert. Ebenso werden auch jedes Dokument und jede E-Mail angefordert, die wir mit Linus Torvalds, IBM und anderen Akteuren in der Gemeinschaft ausgetauscht haben. In vielen Fällen fordern sie um Information, die vertrauliche Kommunikation zwischen uns und unseren Rechtsanwälten oder zwischen uns und unseren Beitragenden darstellt.

Da sich der SCO-Rechtsstreit hinzieht, müssen wir einige schwierige Entscheidungen treffen, wie man auf diese Vorladung reagiert. Wir sind sicher, dass wir nicht das ganze angeforderte Material vorlegen werden; wir werden unser rechtlich geschütztes Vertrauen nicht preisgeben, besonders wenn sie sich auf unsere Arbeit beziehen, die die Integrität der GPL wahrt. Doch unabhängig davon, ob wir die ganze Vorladung vor Gericht bestreiten oder nur jene Dokumente vorlegen, von denen wir meinen sie seien angemessen und relevant, gibt es viel Arbeit für die Free Software Foundation (FSF). Wenn wir gegen die Vorladung vorgehen, bedeutet das erhebliche Anwaltskosten im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit. Wenn wir die Materialien vorlegen, bedeutet dies erhebliche Anstrengungen, um die relevanten Dokumente zusammenzustellen. Obwohl die direkten Kosten zurückerstattet werden, werden die indirekten Kosten wie Personal und Zeit von uns getragen.

Inzwischen haben die durchgesickerten SCO-Dokumente bestätigt, was wir schon lange vermuteten: Microsoft hat, nachdem sie feststellten, dass die Verleumdungskampagne gegen die GPL keinen Erfolg hat, stattdessen ihr FUD[*] zu einem Schnäppchenpreis von einem Dritten gekauft. Die „Lizenz“, die Microsoft für SCOs „Technologie“ kaufte, war mehr als alles andere eine Gebühr für den Dienst, den Angriff auf die Freie-Software-Bewegung und ihrer niedrigsten Programmebene, den Betriebssystemkern namens Linux. Nun, da es einmal „SCO“ gegeben hat, werden noch einige „SCOs“ folgen, um unsere Bewegung und unsere Arbeit anzugreifen.

Auch wenn wir der Ansicht sind, dass SCO keine Grundlage für die gemachten Behauptungen hat, heißt das nicht, dass unsere Gemeinschaft davon ausgehen sollte, dass sie nichts aus diesen Ereignissen zu lernen hat. Wir waren uns bei der FSF schon früh unsicher, ob SCO nur den Betriebssystemkern Linux oder das gesamte GNU/Linux-Betriebssystem angreifen würde. Als Inhaber der Urheberrechte auf die meisten Hauptkomponenten des GNU/Linux-Systems befürchten wir natürlich, auch wenn unser Vorgang bei der Urheberrechtsabtretung der beste und am gewissenhafteste in der gesamten Freie-Software-Welt ist, dass noch große Anstrengungen erforderlich sein würden, um einem Richter aufzuzeigen, wie genau wir diese Aufgabe gelöst haben. Wir sind für SCOs taktischen Fehler dankbar, eine der tiefsten Taschen auf Erden, IBM, anzugreifen, die das nötige Scheckheft hat, um effizient gegen solch eine lästige Rechtssache vorzugehen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die Arbeit der FSF erledigt ist. Neben der Beantwortung bzw. Diskussion der Vorladung müssen wir auch die Gemeinschaft darüber aufklären, warum Linux so angegriffen wurde und nicht GNU. Seit mehr als einem Jahrzehnt hat die FSF Projekte aufgefordert ein Verfahren zu entwickeln, bei dem die rechtliche Zusammenstellung der Software gesund wie die Softwareentwicklung als solide selbst ist. Viele Freie-Software-Entwickler empfanden den für die meisten GNU-Komponenten verwendeten Vorgang der Urheberrechtsabtretung als lästig, wir konzipierten und gestalteten das Verfahren jedoch mühsam neu, um die Last zu beseitigen. Nun hat das SCO-Fiasko der Gemeinschaft die Widerstandsfähigkeit gezeigt und die absolute Gewissheit gegeben, dass ein gutes, rechtlich vertretbares Verfahren der Zusammenstellung geschaffen werden kann. (SCO ließ letztendlich ihre Ansprüche gegen GNU als Ganzes fallen und konzentrierte sich auf das Linux-Projekt, welches für all seine wunderbaren technischen Leistungen ein eher lockeres rechtliches Verfahren der Zusammenstellung hat.) Wir haben bei der FSF gerade mit einem Projekt begonnen, um unser Verfahren zu dokumentieren und zu kodifizieren, damit es in Form eines Regelwerkes sowie dazugehöriger Software verbreitet werden kann, um alle anderen Freie-Software-Projekte, die ihr rechtliches Verfahren der Zusammenstellung festigen wollen. Organisatorische Erfahrung aus fast zwei Jahrzehnten in leicht verständliche Software und Dokumentation zusammenzufassen ist keine leichte Aufgabe, und wird sehr von Ihrer finanziellen Unterstützung abhängig sein, um bei dieser bedeutenden Aufgabe zu helfen.


Wie immer achten wir bei FSF auf die langfristige Zukunft. SCO ist ein kurzzeitiger Leuchtpunkt – ein Vorläufer für Herausforderungen, den Freie Software ausgesetzt ist. Wir sind bestrebt eine Nasenlänge voraus zu sein und den Weg frei für eine rechtssichere Freie-Software-Zukunft zu machen.

Wir brauchen Ihre Unterstützung, um diese Arbeit fortzusetzen. Wir bitten, wenn Sie noch kein außerordentliches Mitglied der FSF sind, jetzt beizutreten. Wenn Sie bereits vor dem 15. Juni 2004 beigetreten sind, erhalten Sie ein Freiexemplar von Lawrence Lessigs neuem Buch Free Culture[1]. Wir freuen uns, Professor Lessig als weiteres Mitglied im Aufsichtsrat zu feiern und sein neuestes schriftliches Werk mit Ihnen zu teilen, wie wir unsere Arbeit fortsetzen.

Sollten Sie bereits ein außerordentliches Mitglied sein, ermutigen Sie bitte Bekannte sich uns anzuschließen!

Anmerkungen des Übersetzungsteams:
  1. [*] FUD (engl. für Fear, Uncertainty, and Doubt) ‚Furcht, Ungewissheit und Zweifel‘
  2. Weiterführende Referenzen:

    1. [1] Lessig, Lawrence (2004), Free Culture: How Big Media Uses Technology and the Law to Lock Down Culture and Control Creativity, unter: Free-Culture.cc. Penguin Books 2004 (abgerufen 2014-03-20)
    2. Lessig, Lawrence Freie Kultur. Wesen und Zukunft der Kreativität, unter: fosdoc.de. Open Source Press 2006 (abgerufen 2014-03-20)